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17.01.2013

Aktuelles vom Netzwerk Demenz Stuttgart: Veranstaltungen – Projekte – Pflegeversicherung – Entwicklungen

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Das Jahr 2013 bringt finanzielle Verbesserungen für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen bei Pflegeversicherungsleistungen, zu denen es Ratgeber gibt, über die wir informieren möchten. Ebenso stehen in Stuttgart interessante Veranstaltungen an, die wir hier ankündigen, die erste bereits am 25. Januar. Auch über neue und geplante Projekte und Entwicklungen in Stuttgart möchten wir berichten.
Trotz der vielfältigen Weiterentwicklungen möchte ich es am Ende dieses E-Mails aber ebenso nicht versäumen, einen kritischen Kommentar zur Situation der pflegerischen Versorgung in unserem Land anzufügen und damit die derzeit von vielen geäußerte massive Kritik an den unzureichenden politischen Maßnahmen in diesem Bereich unterstützen.

Veranstaltungen:

25. 1. 2013 / "Was geht! Sport, Bewegung und Demenz" / Gewerkschaftshaus (Willy-Bleicher-Straße 20) / 9.30 – 14.30 Uhr: Auftaktveranstaltung zu einem Projekt der Demenz Support Stuttgart u.a. in Zusammenarbeit mit der Stadt Stuttgart und dem Württembergischen Landessportbund und Sportkreis Stuttgart. Im Brennpunkt des Vorhabens steht die Absicht, Sport und Bewegung als Möglichkeiten der sozialen Teilhabe und Quelle von Lebensfreude für Menschen mit kognitiven Veränderungen zu erschließen. Näheres sowie die Online-Anmeldung finden Sie auf http://www.demenz-support.de/veranstaltungen/auftakt_sport-bewegung-demenz
(10 € Teilnahmegebühr)

5. 3. 2013 / "Oh je - meine Nachbarin zündet noch die Wohnung an" - Vorhandene Risiken, überschätzte Gefahren und rechtliche Situation, wenn Menschen mit Demenz in der Nachbarschaft leben. / Bürgerzentrum Stuttgart-West (Hajek Saal), Bebelstraße 22 / 18.30 – 20.30 Uhr: Diesen Informationsabend für Bürgerinnen und Bürger sowie Fachleute veranstaltet die Demenzinitiative Stuttgart-West. Geplant sind kurze Vorträge von Experten und ein Podiumsgespräch mit Experten, Praktikern und betroffenen Bürgern. (Eintritt frei, ohne Anmeldung; Flyer und Programm folgen noch)

5. 6. 2013 / „Wohnformen für Menschen mit Pflegebedarf und Demenz – ambulant und stationär“ / voraussichtlich im Stuttgarter Rathaus / vorauss. ca. 9 – 16 Uhr: Vor dem Hintergrund der Ablösung des Landesheimgesetzes durch ein Wohn- und Teilhabegesetz mit innovativem Anspruch sollen bei der Fachveranstaltung durch Praxisbeispiele und Vorträge unterschiedliche Wohn-Pflege-Formen im ambulanten und stationären Rahmen beleuchtet werden. Dabei sollen die jeweiligen Konzepte und praktischen Erfahrungen deutlich gemacht werden. Zudem sollen die derzeitigen Rahmenbedingungen für die Konzepte aufgezeigt, deren Probleme beschrieben und auf notwendige Veränderungen hingewiesen werden. Die Veranstaltung wird von der Stadt Stuttgart und dem Netzwerk Demenz Stuttgart durchgeführt. (Eintritt frei, definitive Angaben zu Ort und Zeit folgen noch mit dem Flyer).

Projekte und Entwicklungen:

Beirat Krankenhaus und Demenz: Der Beirat mit Beteiligung Stuttgarter Kliniken, der Stadt Stuttgart und der Gerontopsychiatrischen Arbeitsgemeinschaft Stuttgart (GAGS) hat inzwischen zweimal getagt. Nach einer Bedarfserhebung zu bestehenden Ansätzen und Konzepten in Stuttgart entwickelt eine Projektmanagementgruppe derzeit eine Reihe grundlegender Handlungsansätze, die zur Umsetzung in allen beteiligten Klinken vorgeschlagen werden sollen.

Aufbau freiwilligen Engagements für gerontopsychiatrisch erkrankte Migranten in Stuttgart: Im Rahmen eines dreijährigen von der Baden-Württemberg Stiftung und evt. auch Robert Bosch Stiftung geförderten Projekts möchte die Evangelische Gesellschaft versuchen, Zugänge zu Betroffenen und ihren Familien zu finden und Unterstützung durch freiwillige Helfer aufzubauen. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der im letzten Jahr gegründeten trägerübergreifenden Arbeitsgruppe zur Thematik durchgeführt, an der auch die Stadt Stuttgart beteiligt ist.

Partizipative Altersplanung in Stuttgart: Mit einer Auftaktveranstaltung hat die Stadt im letzten Jahr den Paradigmawechsel zur Partizipativen Planung für Ältere eingeläutet. Das Netzwerk Demenz ist in diesem Konzept zusammen mit weiteren Gruppierungen und den Trägern von Diensten und Einrichtungen integriert.

Informationen und Hilfen zu neuen (und alten) Leistungen der Pflegeversicherung:

Die am 1.1.2013 in Kraft getretene Reform der Pflegeversicherung bringt Leistungsverbesserungen für Menschen mit Demenz in der Häuslichkeit bei Pflegestufe 0-2 von bis zu 4.250 Euro jährlich. Da zugleich aber die Leistungsregelungen noch komplizierter wurden, habe ich im Rahmen der Fachberatung Demenz den Ratgeber zur Pflegeversicherung überarbeitet, eine aktuelle Zusammenstellung der Leistungsverbesserungen (und Änderungen von Regelungen) verfasst und ein neues Übersichtsblatt zu den häuslichen Leistungen erstellt. Zudem finden Sie auf der Internetseite der Fachberatung nun auch einen Pflege-Rechner als Exceltabelle, mit der es möglich ist, alle individuellen Leistungen in der Häuslichkeit zu berechnen und das ganze Jahr über einen klaren Überblick über verbrauchte und noch verfügbare Leistungen zu behalten. Auch die Planung von Hilfen im Rahmen der Leistungsbudgets ist sehr gut möglich. Eine ausführliche Anleitung ist dabei. Ebenfalls als Exceltabelle finden Sie den bekannten Tagespflege-Rechner, nun mit Anpassung an die Pflegereform. Die Berechnung der Pflegebudgets ist bei Nutzung mehrerer Angebote mittlerweile so anspruchsvoll geworden, dass es ohne solche Hilfen kaum mehr möglich ist, den Überblick zu behalten. Sie finden alle genannten Dateien unter www.alzheimerberatung-stuttgart.de und bald auch mit ausführlicheren Beschreibungen dazu unter www.demenz-stuttgart.de , der Internetseite des Netzwerks Demenz Stuttgart.

Kommentar zur Situation der pflegerischen Versorgung:

Bei all den innovativen Entwicklungen und Projekten, die zeigen, wie viel Kreativität und Engagement sich nach wie vor auf den Weg macht, um die Unterstützung pflegebedürftiger und demenzkranker Menschen weiterzuentwickeln, muss ebenso immer wieder deutlich gemacht werden, wie problematisch die Situation der pflegerischen Versorgung bei uns geworden ist und wie wenig Entwicklung bei den grundlegenden Rahmenbedingungen (solidarische Finanzierung und strukturelle Rahmenbedingungen) stattfindet.
Die Versorgung von Menschen mit Demenz in Krankenhäusern ist beispielsweise nach wie vor weitgehend ein Desaster. Dies kann wohl auch unter den gegebenen Rahmenbedingungen in absehbarer Zukunft bestenfalls etwas abgemildert werden kann. In Kliniken wurde in den letzten Jahren aufgrund des Kostendrucks am meisten am Pflegepersonal gespart.

Immer wieder höre ich gerade von engagierten Pflegekräften auch in Heimen, Pflegediensten und Kliniken (gleich welchen Trägers und welchen Rufs), dass sie mit ihrem Beruf unzufrieden sind, sich zunehmend unter Druck und ausgenutzt fühlen und den Beruf wechseln möchten oder eine Nische mit anderen Arbeitsbedingungen suchen.
Aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels etwa in Pflegeheimen liest man derzeit von immer neuen Anwerbeaktionen in der ganzen Welt, zuletzt beispielsweise in Vietnam. Dort sollen Mitarbeiter herkommen, die hier fehlen. In östlichen Staaten wird durch den Wegzug qualifizierter Pflegekräfte bereits von einem sehr bedenklichen Mangel an qualifizierten Kräften gesprochen, die dort immerhin ihre Ausbildung bekommen haben. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit bei uns nach wie vor hoch. Wer möchte aber unter den gegebenen Rahmenbedingungen einen Pflegeberuf ergreifen, wo die Zahl der Aussteiger in den ersten vier Berufsjahren nach wie vor sehr hoch ist. Die Belastungen im Beruf sprechen sich herum, dagegen können auch beschönigende Werbeaktionen nicht grundlegend helfen.

Um zu erkennen, dass hier etwas grundlegend aus dem Ruder gerät und schief läuft, braucht man mittlerweile kein Fachmann mehr zu sein. Auch das Boomen von Modellprojekten und -programmen in unserem Land, bei denen man schon kaum mehr mit dem zeitaufwändigen Schreiben anspruchsvoller Anträge hinterher kommt, kann an den Grundproblemen nichts verändern. Im Gegenteil: Man hat gar noch den Eindruck, dass hierdurch von den eigentlichen Schwierigkeiten abgelenkt werden soll. Betrachtet man, wie viele erfolgreiche Modelle sich in den letzten 20 Jahren über die Modellförderung hinaus halten konnten und wie oft dann eine Umsetzung in der Breite erfolgte, ist die Zahl verschwindend gering.
Investieren in die Menschen und in die Pflege kann aus vielerlei Gründen unserer Gesellschaft gut tun und selbst der Arbeitsmarkt könnte davon profitieren und manche andere Ausgaben würden sich senken. Stattdessen entsteht jedoch nach wie vor der Eindruck, dass die Hauptaufgabe vor allem im Erstellen immer neuer Qualitätsnormen, Spezialregelungen und fragwürdiger Kontrollen gesehen wird. Diese sind sicher auch notwendig, aber sie stehen derzeit im Vergleich zu den wirklich wichtigen Fragen maßlos im Vordergrund.
Der Vorsitzende des Kuratoriums Deutsche Altershilfe, Jürgen Gohde,  sagte gegenüber dem Evangelischen Pressedienst deutlich: „Wir stehen an einem Wendepunkt. Es geht nicht mehr so weiter“. Er geht von einer nahezu aussichtslosen Situation in Bezug auf die Pflegeversorgung aus, wenn in den nächsten zwei Jahren nichts Entscheidendes geschieht.


Mit freundlichen Grüßen
Günther Schwarz
Netzwerk Demenz Stuttgart / GAGS e.V.