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14.03.2011

Netzwerk Demenz Stuttgart – Aktuelles und Informationen

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Folgende Informationen möchte ich Ihnen in diesem Rundmail gerne weitergeben:

  1. Das Netzwerk Demenz hat ein Logo
  2. Plädoyer für Menschlichkeit und bessere Finanzierung der Pflege und Versorgung
  3. Demenzkranker vor wissenschaftlichem Hintergrund
  4. (Pflegereport 2010 der Barmer GEK; „WIP-Diskussionspapier“)
  5. Aktuelles aus dem Beirat und den Arbeitsgruppen
  6. Interessante aktuelle Filme und Berichte
  7. Weitere Links

Und: Der Demenz Wegweiser Stuttgart ist nach wie vor als Download erhältlich und ebenso kostenlos auch in größerer Zahl abzuholen an der Pforte der eva, Büchsentr. 34/36, oder kann auch gegen Versandgebühr zugeschickt werden.
(zum Herunterladen: www.netz-fuer-pflegende.de oder www.alzheimerberatung-stuttgart.de )

1. Das Netzwerk Demenz hat ein Logo

Mit freundlicher Unterstützung des Büros Röger & Röttenbacher aus Leonberg haben wir seit einiger Zeit ein schönes Logo für das Netzwerk Demenz Stuttgart. Sie finden das Logo in der angehängten pdf-Datei zur Ansicht.

2. Plädoyer für Menschlichkeit und Finanzierung von Pflege

von einem "erschreckenden Zukunftsszenario" war in der Presse zu lesen, als der Pflegereport 2010 der Barmer GEK veröffentlicht wurde. Dass jede zweite Frau und jeder dritte Mann demenzkrank werden soll, ist für Demenzfachleute jedoch weder eine erschreckende noch eine neue Information. Auch dem Nichtfachmann sollte aus der Alltagserfahrung eigentlich inzwischen bewusst sein, dass Erkrankungen wie Demenz, Schlaganfall, Krebs oder körperliche Beeinträchtigungen häufige Begleiter unseres Lebens in der Vierten Lebensphase sind.

Was können Aussagen wie die im Pflegereport bewirken? Ist es nur eine Sensationsnachricht wie viele andere, die am Tag darauf bereits vergessen ist? Werden durch solche Nachrichten unnötig Ängste geschürt und die Tabuisierung der Demenz eher verstärkt? Oder bewirken solche Informationen ein Aufrütteln, um dringend notwendige Handlungskonzepte bezüglich unserer verletzlichen Lebenszukunft in Gang zu bringen?

Eine Studie des wissenschaftlichen Institut der privaten Krankenversicherungsträger (WIP) führte letztes Jahr zu einem erstaunlichen Ergebnis zur „Pflege in Deutschland“: Im internationalen Vergleich von Industrieländern (OECD) geben wir in Deutschland gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit am wenigstens für die Versorgung pflegebedürftiger Menschen aus. Nur England und Spanien liegen noch etwas darunter. In Schweden und den Niederlanden liegt der Anteil der Pflegeausgaben am BIP fast viermal höher als in Deutschland und in den übrigen Ländern mindestens eineinhalb mal so hoch wie bei uns. Der Unterschied fällt noch deutlicher ins Gewicht, wenn man berücksichtigt, dass wir zu den Ländern mit dem größten Anteil älterer Menschen und damit auch den meisten Pflegebedürftigen gehören. Die Pflegeausgaben müssten allein von daher bei uns schon vergleichsweise höher sein als in anderen Ländern. Als einen der wesentlichen Faktoren für diese landesbezogenen Unterschiede sieht das Institut den „gesellschaftlichen Stellenwert der Versorgung Pflegebedürftiger“ in den Ländern an (S. 44). Im Klartext heißt das: Es geht nicht so sehr darum, was wir uns an pflegerischer Versorgung leisten „können“ – wie uns Manche vermitteln – , sondern vor allem darum, was wir uns leisten „wollen“.

Die sich hinziehende Diskussion um eine ausreichende Finanzierung und Absicherung des Risikos von Pflegebedürftigkeit ist so gesehen vielmehr eine Diskussion um die Wertigkeit der Versorgung Pflegebedürftiger und nicht vorrangig ein Finanzierungsproblem. Zeitgleich erleben wir wie die Arbeitsbedingungen in den ambulanten und stationären Einrichtungen in Deutschland schlechter werden, reformbedürftige gesetzliche Rahmenbedingungen sich kaum weiterentwickeln, aufwendige oft ineffektive Dokumentationspflichten und Kontrollmaßnahmen erweitert werden und es immer weniger Menschen gibt, die unter diesen Bedingungen arbeiten wollen oder die den Beruf nach wenigen Jahren wieder verlassen. Eine klare zukunftsorientierte Position und ein umfassendes Konzept dazu, wie eine nach angemessenen Maßstäben menschliche pflegerische Versorgung bei uns aussehen sollte und was diese uns dann alle gemeinsam kostet, findet man derzeit nirgendwo offensiv und transparent vertreten. Dabei sind Investitionen in diesem Bereich nicht nur Investitionen in die Menschlichkeit, sondern ebenso in sinnvolle Arbeitsplätze, die mithelfen können, die Kosten für den solidarisch finanzierten Lebensunterhalt bei Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Es gibt mit Sicherheit vielerlei staatliche und individuelle Ausgaben, die der Volkswirtschaft weit weniger zuträglich sind, als solche Investitionen in Menschlichkeit, eine humane Betreuung Pflegebedürftiger und angemessene Arbeitsbedingungen der Betreuenden (ebenso angemessene Lebensbedingungen für überlastete pflegende Angehörige). Ausgaben für die Unterstützung pflegebedürftiger Menschen zu einem wesentlichen Teil in den  privaten Bereich und die private Vorsorge zu delegieren - wie es teilweise befürwortet wird - , ist ebenso unsozial wie unrealistisch in der Umsetzung. Dies geht ebenfalls klar sowohl aus der Studie der privaten Pflegekassen als auch aus dem Pflegereport hervor.
Den zutiefst persönlichen Aspekt in Bezug auf die Bedeutung der Menschlichkeit möchte ich gern mit einem Zitat einer demenzkranken Frau selbst ansprechen: Helga Rohra, die beginnend an Demenz erkrankt ist und im Vorstand der Münchener Alzheimer Gesellschaft aktiv ist, äußerte sich nach ihrer Teilnahme am Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft folgendermaßen: „Und wenn ich immer wieder ‚demenzfreundlich’ höre, huscht ein Lächeln über mein Gesicht. Ich erinnere mich an meine Familie, an unsere Nachbarn – wir leben einfach dieses ‚demenzfreundlich’! Eigentlich geht es ganz einfach: wenn jeder von uns menschenfreundlich wäre.“
Menschenfreundlichkeit zusammen mit der solidarischen Bereitschaft, eine angemessene Versorgung demenzkranker und pflegebedürftiger Menschen zu entwickeln, ist zweifellos ein gesellschaftliches Ziel höchster Güte. Müsste es damit nicht auch ein politisches Ziel höchster Priorität sein?
(die Links zum Pflegereport und der WIP-Studie finden Sie am Ende des Mails)

3. Aus dem Beirat und den Arbeitsgruppen

Beirat Netzwerk Demenz Stuttgart:
Entsprechend der Konzeption ist der Beirat Netzwerk Demenz ein Gremium, in dem Aktivitäten und Ergebnisse der Arbeitsgruppen im Netzwerk an Multiplikatoren weitergegeben und fachlich diskutiert werden. Im derzeit alle 2-3 Monate tagenden Beirat sind Mitarbeitende und Vertreter unterschiedlichster Institutionen und Verbände aus Stuttgart ebenso vertreten wie engagierte Angehörige demenzkranker Menschen. Zu den von Beginn an mitwirkenden 18 Beiratsmitgliedern (darunter drei betroffene Angehörige), sind Ende letzten Jahres neu hinzugekommen Ilona Gloning (Leiterin einer Seniorenbegegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt) und Ursel Müller-Eckstein (Mitglied im Vorstand des Stadtseniorenrats sowie Kreissozialleiterin und stellvertretende Landessozialleiterin des Deutschen Roten Kreuzes). Die vollständige Liste der Beiratsmitglieder finden Sie im Anhang.
Entsprechend der Konzeption ist der Beirat bemüht, zum Ende diesen Jahres eine öffentliche Veranstaltung durchzuführen, in der sich Arbeitsgruppen vorstellen und der Diskussion öffnen. Ebenso haben alle Interessierten die Möglichkeit, Anregungen einzubringen und über sinnvolle Aktivitäten und Strategien zu diskutieren.

AG Stadtteilarbeit:
In dieser Arbeitsgruppe werden kreativ neue Ideen für Stadtteilaktivitäten und gemeinsame Anliegen entwickelt. Die AG ist offen für alle, die sich in einem Stadtteil oder Stadtbezirk gemeinsam mit anderen engagieren möchten. Aktuelles: Die in der AG mitwirkende Bezirksvorsteherin aus Stuttgart Wangen hat eine ehrenamtlich tätige Demografielotsin gewonnen und eingesetzt, die Ideen und Erfahrungen der Stadtteilinitiativen in Stuttgart sammelt und dokumentiert. Davon können insbesondere neue Initiativen profitieren. Ebenso ist geplant, eine Internetseite für das Netzwerk Demenz Stuttgart aufzubauen, auf der unter anderem alle Veranstaltungen und Stadtteilaktivitäten übersichtlich zu finden sind. Und im nächsten Jahr soll eine gemeinsame Aktion am Weltalzheimertag durchgeführt werden.

AG Leben, Wohnen, Pflegen:
Die mit Teilnehmern aus unterschiedlichsten Arbeitsbereichen zusammengesetzte Arbeitsgruppe plant eine Veranstaltung, um Visionen und Strategien für die künftige Versorgung demenzkranker Menschen zu entwickeln. Dabei spielen  Vorstellungen und Bedürfnisse von Betroffenen und Ihren Angehörigen sowie von Noch-Nicht-Betroffenen ebenso eine Rolle wie mögliche gesellschaftliche Szenarien in der Zukunft. Der Blick in die Zukunft und auf die konkreten Bedarfe und Bedürfnisse der Menschen soll helfen, sich von lähmenden derzeitigen Rahmenbedingungen und Strukturen zu lösen und auf diese Weise im Denken und Planen weiterzukommen.

Thema Krankenhaus und Demenz:
Das Netzwerk ist derzeit im Kontakt mit dem „Forum Gesunde Stadt Stuttgart“. Das Forum möchte in diesem Jahr eine Veranstaltung zur Thematik durchführen. Beide Gruppen sind an einer Zusammenarbeit interessiert.

4. Interessante aktuelle Filme und Berichte

Haus Sonnweid in der Schweiz: Maßstäbe in der Betreuung Demenzkranker:
Im Dateianhang finden Sie einen schönen Bericht über das Haus Sonnweid in der Schweiz, in dem seit vielen Jahren demenzkranke Menschen vorbildlich betreut werden. Für jeden Grad der Erkrankung gibt es in der Einrichtung einen besonders auf die Bedürfnisse der Kranken abgestimmten Wohnbereich. Unorthodox und teils provokativ sind die Ansichten des Gründers und Leiters der Sonnweid, Michael Schmieder. Der Bericht wurde uns freundlicherweise von Sonntag Aktuell und dem Autor Stefan Scheytt zur Weitergabe über diesen E-Mail Verteiler zur Verfügung gestellt.

DVD zur Frontotemporalen Demenz:
Drei Menschen aus Holland, die von Frontotemporaler Demenz (FTD) betroffen sind, und ihre Angehörigen werden von einem Kamerateam im Alltag begleitet. Der entstandene Film bietet einen sehr anschaulichen Einblick in die teilweise sehr unterschiedlichen Auswirkungen dieser Erkrankungsform auf das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Sehr aufschlussreich sind auch die Interviews mit den Angehörigen. Frontotemporale Demenzerkrankungen treten etwa 10-20 mal seltener als die Alzheimer Krankheit auf und beginnen meist zwischen Mitte 50 und Mitte 60. Bedingt durch Veränderungen des Sozialverhaltens ergeben sich für betreuende Angehörige teils deutlich höhere Anforderungen als bei anderen Demenzerkrankungen. Die DVD wurde von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft herausgegeben, kostet 15 Euro und ist in holländischer Sprache mit deutschen Untertiteln versehen. Schön ist in dem Film auch zu sehen, dass Familien mit Demenzkranken in Holland offenbar deutlich besser und qualifizierter unterstützt werden, was den Verbleib der Kranken zu Hause erheblich erleichtert. (http://www.deutsche-alzheimer.de/index.php?id=39&no_cache=1&detail=40 )

DVD zur Tagung „Stimmig“ – Menschen mit Demenz melden sich zu Wort:
Demenzbetroffene im frühen Krankheitsstadium haben auf der Tagung „Stimmig“ im Januar 2010 über ihre Situation, ihre Erfahrungen und das, was sie von der Gesellschaft brauchen und erwarten, gesprochen. In einem 15-minütigen Film wurden eindrucksvolle Szenen aus dieser Tagung zusammengemischt. Die DVD wurde von Demenz Support Stuttgart herausgegeben und kann für 4,90 Euro bestellt werden (http://www.demenz-support.de/stimmig/?cmd=dvd ).

Dokumentarreihe im ZDF zu Demenz – „Reise ins Vergessen“:
Am 1.2 und 8.2. wurde im ZDF eine Dokumentarreihe gezeigt, in der Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen zu sehen waren. Das Filmteam begleitete die Betroffenen über ein Jahr. Auf diese Weise entstand ein sehr alltagsnaher und realistischer Bericht, der das Leben mit Demenz in all seinen Facetten in sowohl anrührend schönen als auch schmerzvollen Augenblicken und Bildern zeigt. Wer die Sendung verpasst hat, kann Sie über folgende Links im Internet ansehen. Das ZDF hat auch sehr informative Interviews mit unterschiedlichen namhaften Fachleuten als Videos ins Netz gestellt (siehe weitere Links). Wenn Sie über keine geeignete Internetverbindung verfügen und Interesse an den Beiträgen haben, melden Sie sich.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag/video/1237246/Reise-ins-Vergessen---Teil-1
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag/video/1237254/Reise-ins-Vergessen---Teil-2
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag/video/1156624/Besuch-bei-den-Briems
Gespräch mit dem Alzheimer Forscher Prof. Konrad Beyreuther:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag/video/1244102/Video-Chat-mit-Prof-Konrad-Beyreuther
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag/video/1253862/Zweiter-Video-Chat-mit-Prof-Beyreuther
Interviews mit Experten aus Selbsthilfe, Wissenschaft und Politik:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag/interaktiv/1242206/Fragen-zu-Demenz?---Experten-antworten

SWR Nachtcafé zum Thema Demenz – „Horror Demenz“:
Erfreulicherweise war die Talksendung mit Wieland Backes am 4.2. wesentlich besser als der sensationsheischende Titel befürchten ließ. Eindrucksvoll waren die Schilderungen der Bäuerin Margit Hespeler, die Walter Jens betreut, die Aussagen von Helga Rohra, die selbst beginnend an einer Demenz leidet und des Schriftsteller Arno Geiger, der ein viel beachtetes und gelobtes Buch über seinen demenzkranken Vater und seine Beziehung zu ihm schrieb. Sparen können hätte man sich den Journalisten Gottlob Schober, der über Missstände in Pflegeheimen sprach, aber wie schnell zu bemerken war über wenig differenzierte Sach- und Fachkenntnis verfügte. Hier rückte erfreulicherweise der ebenfalls teilnehmende Nervenfachartzt Prof. Hans Förstl das Ganze wieder etwas ins richtige Licht.

Link zum Anschauen der Sendung im Internet:
http://www.swr.de/nachtcafe/-/id=200198/nid=200198/did=7403774/1wp0irz/index.html
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=6411992

5. Weitere Links

Studie zu Pflegeausgaben im internationalen Vergleich:
http://www.wip-pkv.de/veroeffentlichungen.html
http://www.wip-pkv.de/uploads/tx_nppresscenter/Pflegeausgaben_im_internationalen_Vergleich.pdf

Pflegereport 2010 der Barmer GEK
https://www.barmer-gek.de/barmer/web/Portale/Presseportal/Subportal/Infothek/Studien-und-Reports/Pflegereport-2010/Content-Pflegereport.html?w-cm=MainNavSecondLevel_tdocid
http://www.barmer-gek.de/barmer/web/Portale/Presseportal/Subportal/Presseinformationen/Archiv/2010/101130-Pflegereport/PDF-Pflegereport-2010,property=Data.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Günther Schwarz
Netzwerk Demenz Stuttgart / GAGS e.V.